Mittwoch, 26. November 2008

Guns N'Kohl


Eine Rockband macht vor, wie man mit Krisen umgeht: Man tut einfach mal 15 Jahre nichts.
Manchmal melden sie sich zu Wort, die Freunde der Langsamkeit. 2004 zum Beispiel war es das ehemalige Tennis-Ass Boris Becker, der in seinem biografischen Spätwerk das Faust'sche Postulat "Augenblick, verweile doch (Du warst so schön)" selbst für uns Menschen des 21. Jahrhunderts greifbar gemacht hat.

Nach 15 Jahren Askese und Entschleunigung haben nun auch Guns N' Roses ihr neues Album vorgestellt. Als sie damit anfingen, es muss 1993 gewesen sein, die Älteren erinnern sich, war die deutsche Einheit noch jung, es gab nirgendwo Internet, und bei Osama Bin Laden dachten die meisten noch an den Gemüseverkäufer um die Ecke.

Es war eine langsame Zeit, und die Rockdinosaurier um Axl Rose waren ihre Kinder. Herr über die Zeit war der Kanzler Helmut Kohl, der die Praxis des Aussitzens in die Politik einführte und es damit auf 16 Jahre Regierung brachte: Also noch länger, als Guns N' Roses für ihre neue Platte gebraucht haben.

Man muss sich mal vorstellen, Kohl würde jetzt wie die Rockband aus den Untiefen der Geschichte wieder auftauchen und Deutschland in der Krise regieren. Gar keine schlechte Idee: Er würde einfach nichts machen, bis alles von allein zu Ende wäre. Das Ganze würde er dann als politischen Erfolg werten und die nächsten Wahlen gewinnen. ("Früher war alles besser.")

In vier Wochen ist mal wieder Weihnachten. Zeit innezuhalten, Umkehr zu üben, Buße tun, wird uns der Pfarrer zurufen. Der Weg ist vorgegeben: Einfach 15 Jahre warten, dick werden, nichts machen. So wie Axl Rose und Helmut Kohl.

Donnerstag, 20. November 2008

Agent 700


Er ist kein echter Gentleman mehr, sondern ein prügelnder Prolet: Nichts ist in diesen Krisenzeiten mehr wie früher bei James Bond. Noch nicht einmal der Name.
Sein Name ist Anleihe. Jakob Anleihe. Jedenfalls sein deutscher Name, streng übersetzt. Er ist kein echter Gentleman mehr, sondern ein prügelnder Prolet, der sich mit allem voll laufen lässt, was Alkohol enthält - und zwar egal, ob es gerührt ist oder geschüttelt. Für Frauen interessiert er sich nur halbherzig, und er ist blond.

Tja, nichts ist mehr so wie früher bei Jakob Anleihe. Zwar kämpft er immer noch gegen das Böse, aber das Böse will gar nicht mehr die Weltherrschaft an sich reißen. Alles dreht sich nur noch ums Geld. Letztes Jahr wurde heftig gezockt, auch diesmal geht es den Schurken um schnöden Mammon, und bei der actiongeladenen Rettung der Welt passiert alles wahnsinnig schnell.

Man sieht schon: Der neue 007 ist amerikanisch geworden. Auch das neue Amerika schneidet alte neoliberale Zöpfe ab, zaudert nicht, Anleihen en masse auszugeben und sich bis über beide Ohren zu verschulden. Unter der Chiffre 700 werden Banken beglückt, noch einmal 700 (Mrd. $) sind für die Konjunktur im Gespräch, etwa für Autobauer.

Denn der neue Anleihe - wie das moderne Amerika - ist gespickt mit Blechleichen. Jakob leistet seinen patriotischen Beitrag und lässt sich mit einem Ford Ka blicken. Übrigens sucht Amerika als Verbündeter für den Kampf gegen die böse Wirtschaftskrise noch ein Anleihe-Girl. Heißeste Kandidatin für die Rolle ist angeblich M. Angie M. Doch die kühle Preußin ziert sich und hält ihr Handtäschchen fest umklammert. Keine Anleihen, keine Steuersenkungen.

Mehr als 008 Mrd. Euro, sagt sie, ist nicht drin. Nicht mehr als ein Quantum Trost.

Dienstag, 18. November 2008

"Poldis Woche"


Der nach Bayern verirrte Kölner Fußballspieler wird zum Streitobjekt. Die Spannungen zwischen München und Köln nehmen fast täglich zu. Wir protokollieren vorab den weiteren Verlauf des Konflikts.

Dienstag: Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann bestätigt, er denke "Stand heute auf keinen Fall und überhaupt nicht" daran, Podolski zu verkaufen. Eine rheinische Boulevardzeitung meldet daraufhin, der Wechsel zum 1. FC Köln sei nun perfekt.

Mittwoch: Podolski schießt beim Länderspiel gegen England fünf Tore, die er seiner "Kölner Heimat" widmet. Bayern-Manager Uli Hoeneß sagt, Treffer gegen "drittklassige Gegner" seien kein Nachweis von Qualität.

Donnerstag: Podolski läuft beim Bayern-Training mit einem Köln-Trikot auf. In der Domstadt versammeln sich danach spontan zwei Millionen Menschen, die die sofortige Rückkehr des Spielers fordern.

Freitag: Der Bayern-Platzwart lässt Gebirgsjäger anrücken, da eine Herde Geißböcke auf dem Münchner Vereinsgelände grast.

Samstag: Eine Kölner Investorengruppe meldet, sie habe "so circa 52 Millionen" für den Transfer zusammen. Kölns Bürgermeister Fritz Schramma schließt eine Beteiligung des Staates nicht aus. Das sei bei den Banken "ja auch möschlisch jewesen".

Montag: Podolski zieht im Triumphmarsch in Köln ein. Die Stadt verlegt den Rosenmontag kurzerhand vor.

Dienstag: Klinsmann sagt, "Stand heute" sei noch "überhaupt nichts" entschieden. Es gebe jedoch ernsthafte ausländische Interessenten.


Montag, 17. November 2008

Money ain't a Thang


Konsum ist gut, auch wenn er weh tut. Diese Lehre zieht der gute Erstsemestler, wenn ihm der Studentenrabatt in seinem Lieblingsladen verwehrt wird.

Wirtschaftsstudenten kann eigentlich gar nichts Besseres passieren als die Finanzkrise. Im Hörsaal lassen sich wissenschaftliche Erkenntnisse vielleicht theoretisch nachvollziehen. Aber um sie wirklich im Gehirn abspeichern zu können, hilft doch nichts mehr als die eigene Erfahrung - und die Finanzturbulenzen bedrohen längst den studentischen Alltag.

Etwa den von Tanja, einer modebewussten Erstsemestlerin. Jüngst berichtete sie in geselliger Runde, dass ihre letzte Shoppingtour zum Trauma wurde, weil ihr in einem angesagten Laden in Berlin-Mitte auf einmal nicht mehr der Studentenrabatt von zehn Prozent gewährt wurde - "wegen der Finanzkrise", begründete die Verkäuferin mit Verständnis heischendem Zwinkern.

Ja, wenn das so ist, empörten sich die Kommilitonen, wenn das so ist, dann geben wir ab heute wegen der Finanzkrise auch kein Trinkgeld mehr. Dann gehen wir am besten überhaupt nicht mehr essen. Dann kleiden wir uns bei Humana ein.

Aber was käme danach? Köche würden arbeitslos, Kellner verarmten, die Lieblingsgeschäfte müssten schließen. Alles wäre dahin! Die Runde gelangte zu dem Schluss, das Beste sei es daher, so weiterzumachen wie bisher, sprich: mit Konsum gegen die Krise. Klausurfrust mit Klamottenkauf ersticken, philosophische Diskussionen bei unzähligen Tassen Milchkaffee im Coffeeshop austragen.

Worauf sie nicht kamen: dass doch die Regierung die edle Tat für die Konjunktur bezahlen könnte, wenn man nur laut genug riefe. Das ist dann was fürs zweite Semester.

Samstag, 15. November 2008

Captain Planet-Super-Hero-Man


Wer zum deutschen Obama werden will, sollte englische Schlachtrufe meiden.

Inzwischen liegen belastbare Prognosen für Barack Obamas erste 100 Tage im Amt vor: In dieser Zeit wird er das Al-Kaida-Netzwerk an Facebook verkaufen, den Klimawandel stoppen, das Finanzsystem retten und ein sparsames SUV für General Motors entwickeln.

So viel Leistung nährt die Hoffnung, auch hierzulande ein wenig vom segensreichen Wirken des transatlantischen Messias abzubekommen. Als gesichert gilt, dass Obama die Politikverdrossenheit beendet, den Transrapid kauft, meine Steuererklärung macht und ein sicheres Atommüllendlager findet.

Um auf Dauer kein erdrückendes Heilsbilanzdefizit aufzubauen, wird trotzdem weiter intensiv nach einem deutschen Obama gesucht - ein Unterfangen, das um einiges schwieriger zu werden verspricht als die turnusmäßige Suche nach der Reinkarnation des Dalai Lama.

In der Zwischenzeit droht uns eine Serie peinlich bemühter Versuche, durch die Rezitation des Obama-Mantras ("Jäss! Vieh! Känn!") den Zustand der politischen Lichtgestalt zu erreichen.

This can only into the trousers go, wie das Beispiel von Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef Jürgen Seidel beweist. Der rief seinen Anhängern fröhlich ein grundfalsches "We can more!" zu. Dabei muss sich kein Politiker auf das Glatteis einer rudimentär beherrschten Fremdsprache begeben, um an der Kraft des "Yes, we can!" teilzuhaben. Die deutsche Übersetzung "Jo, wir schaffen das!" ist der kommenden Wählergeneration bestens vertraut - als Schlachtruf der TV-Trickfilmfigur "Bob der Baumeister". Fürs Erste vielleicht das bessere Vorbild.


Mittwoch, 5. November 2008

Hoffnung für Michael Moore

Nach acht Jahren ist die Zeit für George W. Bushs Mitesser abgelaufen. Zum Glück winkt ihm ein neuer Job.

Lieber Michael Moore, das war's. Acht schöne Jahre, acht lange Jahre voller Sperrfeuer und Querschüsse. Dienstagnacht wurden Sie von Ihrem Posten als Bush-Mitesser abgewählt. Sie und George W. Bush, Sie waren das Traumpaar dieser einstürzenden Welt da draußen, der Fundamentalist und sein Furunkel, George war Darth Vader, und Sie waren Jabba the Hutt. Je böser George war, desto bissiger wurde Mick. Das ist nun vorbei. Bush ist weg, Geschichte. Aber was ist mit Ihnen, Mickey?

Nun, wer sich noch einmal kurz Ihre angeschwollene Bio-, Biblio-, Filmo- und vor allem Fotografie ins Gedächtnis ruft, wird schnell merken, dass Sie im Grunde alles kritisieren können. Sie können also weitermachen!

Auch Bill Clinton fanden Sie ja schon blöd. Deshalb unser Tipp: Warten Sie einfach, bis die Funken dieser schwarzen Wunderkerze verglüht sind und der Junge erste Fehler macht. (Sollte John McCain gewinnen, machen Sie einfach weiter wie bisher.)

Wenn Obama gewinnt: Als Erstes knöpfen Sie sich die schwarzen Wähler vor ("Stupid Black Men"). Alles überschätzte Emporkömmlinge, die mithilfe der Rassistenkarte die USA kapern. Ab 2010 brauchen wir erste Enthüllungen, dass auch Barack Obama 1.) bereits im Mai 2003 eingeweiht war, dass Bush seit zwei Monaten im Irak Krieg führt und 2.) dass er am 11. September 2001 die Anschläge auf das World Trade Center tatenlos auf CNN verfolgt hat ("Volle Deckung, Mr Obama"). Dazwischen noch ein paar Filmschnipsel über Waffen und Amerika, fertig ist die erste Amtszeit. In diesem Sinne: Film ab! Wir melden uns wieder in vier Jahren.

Montag, 3. November 2008

Die "Vogel"Perspektive


Man mag über Japaner denken, was man will, aber eines kann man ihnen nicht vorwerfen: Fantasiemangel. Jetzt möchte der Japaner Taichi Takashita die Comicfigur Mikuru Asahina heiraten.

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Mikuru ist in der Welt der Manga-Comics ein obenrum gut gebautes Highschool-Mädchen mit braunem Haar und treudoofen Augen. Und genau dieses möchte Herr Takashita heiraten. Aber warum eigentlich nicht? Sollen sie doch glücklich werden.

Sollte dieser Trend zu uns nach Europa schwappen, wären immerhin auch ganz reizvolle Liaisons möglich mit Nutzen für die Gesellschaft. Kanzlerin Angela Merkel etwa könnte vielleicht mit Dagobert Duck anbändeln. Auf einen Schlag wäre der Staatshaushalt saniert, und mit der Finanzkrise hätten wir auch keine Probleme mehr: Duck, von Beruf Fantastilliardär, gilt immerhin als reichste Ente der Welt.

Verteidigungsminister Franz Josef Jung könnte sich mit Miraculix anfreunden, dem Druiden aus den Asterix-Comics. Ein Schluck Zaubertrank, und die Einsätze von Jungs Soldaten wären nach ein paar Stunden beendet. Andrea Ypsilanti wiederum sollte in Hessen den Hulk zum Landtagsabgeordneten machen. Der ist nicht nur grün, sondern schlägt auch noch alles kurz und klein, wenn einer nicht nach der ypsilantinischen Pfeife tanzt.

Allerdings dürften die Beziehungen mit den Comicfiguren kaum weniger kompliziert werden als im echten Leben. Duck zum Beispiel gilt als ziemlich geizig und manchmal übellaunig. Wie man damit umgeht, hat die Kanzlerin immerhin schon mit Finanzminister Peer Steinbrück üben dürfen.

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